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„Nur die Harten komm` in Garten“

In diesem Beitrag will ich dir erklären, warum es keine gute Idee ist, Probleme zu verdrängen und immer die mega coole Person zu mimen. Und ich erkläre dir, was das mit einem Käse im Wohnzimmerschrank zu tun hat. Sei gespannt!

  • „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ (Sprichwort,  das auf Karl May zurückgehen soll)
  • „Ich bin ein Fels in der Brandung.“ (Redewendung)
  • „Cool kids don´t cry“ bzw. „Starke Mädchen weinen nicht“ (Kinderfilm aus dem Jahr 2012)

Der Mensch von heute, der coole Cowboy der Gegenwart, hat keinen Stress, ist zäh, stark und lässt sich nichts anhaben. Ich höre das auch immer wieder, wenn ich mit Personalabteilungen darüber spreche, welche gesundheitsfördernden Maßnahmen für die Mitarbeitenden sinnvoll sein könnten.

Da höre ich dann oft so etwas wie „Wir haben hier offiziell nur harte Jungs ohne Stress.“ Keiner will sich Erschöpfung eingestehen, denn Erschöpfung wird oft mit Schwäche in Verbindung gebracht. Und Schäche ist ein Makel, der einfach nicht sein darf. Da verliert man ja das Gesicht.

Und trotzdem ist es so, dass die Krankmeldungen eine andere Sprache sprechen:

  • STADA Health Report 2022 (30.000 Befragte in 15 europäischen Ländern (darunter 2.000 aus Deutschland): „Die selbstgeschätzte Burnout-Rate ist so hoch wie nie zuvor; das Stressniveau ist gestiegen; die Wertschätzung für Gesundheitssysteme sinkt zum zweiten Mal in Folge“ (Zitat)
  • DAK-Psyche-Report: „Neuer Höchststand bei Fehltagen durch psychische Erkrankungen in 2021“ (Zitat)
  • TK-Gesundheitsreport 2022: „Bei weiblichen Erwerbspersonen führten 2021 „Psychische Störungen“ zu den meisten gemeldeten Erkrankungstagen.“ (Zitat)

Ich möchte heute aufräumen mit zwei komplett falschen Ideen.

 

Probleme verdrängen? Es kostet viel Kraft, wenn wir unseren Stress negieren.

Probleme verdrängen: „Ich hab doch keinen Stress!“

So richtig falsch ist ja kaum etwas. Denn wir können schließlich immer nur Erfahrungen machen.  Und natürlich kann mal eine Handlung zu einer weniger schönen Erfahrung führen. Fehlgriff halt. Ätzend – und total normal. Doch wirklich falsch ist so etwas nicht.

Heute jedoch geht es wirklich um etwas Falsches bzw. um eine wirklich schädliche innere Haltung. Woran denke ich? Es geht mir um zwei Überzeugungen, mit denen ich aufräumen will:

  1. „Ich habe keinen Stress.“
  2. „Wer Stress hat, ist ein Schwächling.“

Wenn ich sowas wie „Ich habe keinen Stress.“ höre, kräuseln sich meine Fußnägel… Spaß beiseite! Alle Menschen zeigen Stressreaktionen, denn diese sind nichts anderes als menschliche und natürliche Reaktionen auf eine Situation mit dem Ziel der Anpassung an eben jene Situation. Nicht mehr und nicht weniger. Sicherlich gibt es Situationen, an die wir uns sehr schnell anpassen können, sodass die Stressreaktion eher klein ausfällt.

Fakt ist aber auch, dass wir alle Stress erleben. Ohne Stress wäre es sogar verdammt langweilig in unserem Leben. Der Mensch braucht diese Art der Anregung. Vielleicht geht es aber gar nicht so sehr um diese kleinen Alltagsstresserlebnisse, die wiederum nur klitzekleine Stressreaktionen provozieren. Vielleicht steckt hinter der Aussage „Ich habe keinen Stress.“ der Hinweis darauf, dass die betroffene Person

  • nie diese typische negative Beanspruchung verspürt
  • sich nie überfordert fühlt
  • immer Sinn in allem erkennt, was zu tun ist
  • stets Wertschätzung und Rückhalt durch Kollegen und Vorgesetzte genießt
  • permanent optimale Handlungsfreiräume für sich beanspruchen kann.

Da kann ich nur mit einem doch recht ungläubigen „Wirklich?!?!“ drauf reagieren. Wenn das wirlich so ist: Respekt! Denn interessanterweise höre ich Sätze wie „Ich habe keinen Stress.“ von Menschen an Arbeitsplätzen, die prädestiniert und bekannt sind für Erschöpfungsreaktionen und entsprechende Krankschreibungen.

Die „coole, harte Socke“ verdrängt lieber Probleme und Stress

Man könnt fast auf die Idee kommen, dass diese coolen, starken Menschen lieber die Belastung verschweigen und hinter einer Fassade verstecken, um weiterhin nach außen machtvoll und souverän zu erscheinen. Hier stecken wir schon mitten in der Thematik der zweiten Falsch-Überzeugung: „Wer Stress hat, ist ein Schwächling.“

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Halten wir fest:

Jeder Mensch hat unweigerlich Stress. Das ist normal und natürlich. Es ist die Reaktion auf eine wie auch immer geartete Belastung mit dem Ziel der Anpassung an jene Situation.

Lieber Probleme verdrängen und bloß keine Schwäche zeigen!

Wer permanent schluckt, spuckt später… Wer meint, dass nur Schwache, Unfähige etc. Stress erleben, der hat nicht verstanden, was Stress wirklich bedeutet. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Diejenigen, die Belastungen bewusst wahrnehmen, sind genau das Gegenteil von schwach. Diese Menschen verfügen über die brillante Fähigkeit,

  • sich genau zu beobachten,
  • Grenzen zu erkennen
  • und mit passenden Werkzeugen oder Hilfe von außen gegenzusteuern bei Überlastung.
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Kraft entsteht nur aus der Begrenzung heraus, in der Grenzenlosigkeit verpufft jegliche Kraft.

Was also tun, wenn das Problem an die Tür klopft?

Jetzt kommt der eingangs versprochene Käse im Wohnzimmerschrank ins Spiel!😉

Stell dir vor, es ist Hochsommer. 27 Grad im Schatten tagsüber. Knallige Sonne, nachts kühlt es nicht ab. Du kommst vom Einkaufen und legst ein Stück Käse (nur in Papier verpackt) in deinen Wohnzimmerschrank – und nicht in den Kühlschrank. Und dort lässt du ihn liegen. Wa meinst du, was passiert?

Es wird nicht lange dauern und es wird müffeln im Wohnzimmer. Was tust du? Du fängst vielleicht an, eine Duftkerze anzuzünden oder Raumspray zu versprühen, um den Geruch zu überdecken. Tag für Tag musst du immer mehr Zeit aufwenden, um den Geruch zu überdecken.

Schließlich fängt der Käse vielleicht an zu fließen und quillt durch die Ritzen der Schranktür. Was tust du?

  • Du überlebst die Ritzen mit Klebeband.
  • Einen  Teppich ziehst du über den Käsefleck, der auf dem Boden entstanden ist.
  • Schließlich stellst du ein groes Bild vor die Schranktür oder schiebst eine Kommode davor.

All das kostet wahnsinnig viel Kraft und Zeit. Du unternimmst ganz viel, um das Problem zu verdrängen. Ist das eine echte Problemlösung? Nope. Die Lösung  würde lauten: Tür aufmachen und den Käse rausholen.

Statt Probleme verdrängen, Resilienz stärken

Begriffe wie „Stress“ oder „Burnout“ sind mittlerweile sehr unbeliebt und ausgelutscht. Wir alle haben die Nase voll davon, uns immer wieder mit Stress, Erschöpfung und Krisen zu befassen. Gerade mit Blick auf die Krisen hat zu viel in den vergangenen Monaten und Jahren auf uns eingeprasselt:

  • Pandemie (Angst vor Ansteckung, Trauer, Einsamkeit, Home Schooling/ Home Office)
  • Krieg in der Ukraine
  • Energiekrise
  • Inflation
  • Klimakrise

Hast ist es so, als wenn die Menschen nur darauf warten, dass die nächste Krise um die Ecke kommt. Das Ding ist, wir können in der Regel das Entstehen einer Krise nicht aufhalten. Doch wir können etwas anderes…

Die innere Widerstandskraft trainieren

Egal wie viel oder wie wenig Stress wir erleben, wir sollten immer unsere innere Widerstandskraft, die Resilienz, trainieren. Das gilt auch für diejenigen, die von sich behaupten, dass keinen Stress haben.

Denn mal Hand auf´s Herz: Wer kann keine gute Portion Kraft gebrauchen? Auch diejenigen, die sich ohnehin schon als stark erleben, finden in der Regel die Idee gut, wenn sie Tipps und Tricks erfahren, um noch stärker, kraftvoller und stabiler zu werden.

So funktioniert die Stärkung deiner Resilienz

Die eigene innere Wiederstandskraft zu stärken ist nichts, was zu durchdenken ist, sondern unbedingt immer praktisch erfolgen sollte. Ganz egal, ob ich in Vorträgen, Workshops, in der Beratung, dem Coaching oder der Therapie tätig bin – die folgenden Themen sind relevant:

  • Achtsamkeit
  • Impulskontrolle
  • Kausalanalyse
  • Emotionssteuerung
  • Lösungs- und Zielorientierung
  • Eigenverantwortung & Selbstwirksamkeit
  • Selbstwert
  • Werte
  • Netzwerk

Zentrale Fragen sind:

  • Woraus ziehe ich Energie, was raubt mir Energie?
  • Wie gut bin ich im messerscharfen Wahrnehmen?
  • Wie sehr lebe ich das aus, was mir persönlich wichtig ist?

Je mehr ich es schaffe, in diesen Bereichen Klarheit für mich zu gewinnen und weniger gute Verhaltensmuster zu entlarven (um diese durch neue und bessere zu ersetzen), desto mehr bin ich auch in meiner Kraft. Und je stabiler ich aufgestellt bin in all den genannten Bereichen, umso mehr innere Widerstandskraft trage ich in mir, um mit den Herausforderungen des Alltag besser umgehen zu können.

Das führt am Ende dazu, dass du gar nicht mehr Probleme verdrängen musst, sondern die Energie hast, sie aktiv anzugehen.

Du willst an deiner Resilienz arbeiten, dann schau dir unbedingt meinen Resilienz-Workshop an: