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Und was isst du so?!

Die Food-Bloggerin und Kochbuchautorin Sophia Hoffmann ist mir zuvorgekommen. In einem ihrer Postings äußerst sie sich zur Frage, warum sie es satt hat, vegan zu sein bzw. zu leben.

Sie spricht mir mit ihrem Artikel aus der Seele.

Überzeugung

Soll das nun heißen, dass ich auf einmal alles Vegane ablehne? Vielleicht sogar die vegetarische Ernährungsweise? Nein, natürlich nicht. Ich lebe seit 1992 vegetarisch und experimentiere seit einigen Jahren auch sehr gern mit veganen Rezepten. Das wird sich so schnell nicht ändern. Und ich ernähre mich auf diese Weise, nicht weil ich andere von etwas überzeugen will oder einer Mode hinterherrennen will.

Genussvoll essen

Ich lebe so, weil ich davon überzeugt bin – gesundheitliche wie ethische Aspekte haben mich bewusst zu genau dieser Ernährungsweise geführt. Zu meiner Überzeugung gehört allerdings auch, dass ab und zu ein weichgekochtes Bio-Frühstücksei oder im Winter Muscheln im Weinsud einfach lecker sind! Neben Gesundheit und Ethik ist Genuss ein wichtiges Thema für mich. Und auch wenn ich Laktose nur schlecht vertrage, so genieße ich gern mal ein Stückchen Käse. Daheim habe ich im Kaffee meist „Pflanzenmilch“ (weil ich sie mag und der Milchschaum unschlagbar ist) – im Café geht meine Welt nicht unter, wenn es keine „Bio-Sojamilch mit Calciumzusatz“ gibt und ich in dem Moment nur Kuhmilch bekomme.

Was mag ich und  was ist für mich gesund?

Wir Menschen sind mit dem Gebiss eines Allesfressers ausgestattet. Die Natur hat es so eingerichtet, dass wir tierische Produkte verzehren können und mittlerweile sind die Wissenschaftler soweit zu sagen, dass wir nicht da wären, wo wir heute sind, wenn der Mensch in der Geschichte seiner Entwicklung kein Fleisch gegessen hätte. Nur durch den Fleischkonsum konnte sich das menschliche Gehirn auf die heutige Größe entwickeln. Aktuell können wir viel bewusster mit der Nahrung umgehen als unser Vorfahr. Wir leben in den westlichen Industrieländern im Überfluss.

Alles Erdenkliche kann ganzjährig konsumiert werden. Entscheiden wir uns für eine Ernährung frei von tierischen Produkten, so können wir – bei ärztlich abgeklärtem Bedarf! – substituieren mit Vitaminprodukten. Das A und O all dessen ist: Was mag ich, was tut mir gut, was ist mir ein Genuss und was entspricht meinen ethischen Vorstellungen? Unser Vorfahr hatte nicht diesen Handlungsspielraum.

Und genau hier fiel eben das entscheidende Wort: GENUSS.

Nahrungsaufnahme ist zwar etwas Notwendiges, aber nichts Mechanisches. Essen und Trinken sind sowohl Grundbedürfnisse als auch Genussmomente – die Freude bereiten dürfen. Der gesamte Prozess der Nahrungszubereitung darf spielerisch, kreativ sein und Spaß bringen.

Ich bin es leid, im Familien- oder Freundeskreis Menschen zu erleben, die mit Argusaugen beim gemeinsamen Essen jeglicher Art mich, die ernannte Expertin, dabei beobachten, was ich esse, um es dann ohne nachzudenken einfach nachzumachen. Warum ich es leid bin? Weil neben Kreativität und Genuss auch eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Thema Nahrung erfolgen sollte. Ich kann es gar nicht genug betonen: Bewusste Ernährung – das ist mein Anliegen. Renn NICHT wie ein willenloses, hirnbefreites Opferlamm dem Priester hinterher, sollte die Devise sein. Sei nicht das Opferlamm – ich sehe mich nicht als Priester.

Du darfst!

Ich finde es schlimm, wenn mich Menschen fragen „Ja, was DARFST du denn überhaupt essen – wenn du vegetarisch oder vegan lebst mit Laktoseintoleranz und Histaminintoleranz und all den Lebensmittelallergien?!“ Gern antworte ich dann: „Ich darf ALLES essen.“ Ich hasse es, wenn in Verbotskategorien gedacht wird. Alles Spielerische und Kreative geht automatisch vor die Hunde.

Also, los.

Zurück zum Eigentlichen, zurück zur bewussten Ernährung, die Genuss beinhaltet und die ganz individuell zu meinem Leben und meiner Gesundheit passt. Das ist etwas Urmenschliches und Urnatürliches. Es gilt, den Zugang genau dazu wiederzufinden, und zwar genau jetzt. Ab jetzt, ab dem Moment, wo Sie dies lesen. Machen Sie sich selbst zum Experiment, setzen Sie Ihre fünf Sinne ein, lassen Sie sich auf das ein, was Sie verzehren wollen, und hören Sie auf Ihren Körper, der Ihnen klare Rückmeldung gibt, ob das Verzehrte für Sie gut war oder nicht.

 

Bewusster Genuss

Wenn ich auf meiner Ernährungswebseite Rezepte präsentiere, dann mit dem Ziel alle Interessierten, alle Leser – Sie! – zum Experimentieren anzuregen, zum Ausprobieren neuer Geschmackserlebnisse, ja zum Spielen mit dem Essen. (Jaja, „mit dem Essen spielt man nicht“ – Sie wissen genau, was ich meine.) Mein Ziel ist es, Sie dazu anzuregen, Zugang zu Ihrem

eigenen genussvollen und bewussten Ernährungsweg zu finden und dieser ist dann oftmals automatisch gesund! Es ist in dem Zusammenhang faszinierend, dass sogar Kinder in einem Experiment freiwillig zu frischem Obst und Gemüse gegriffen haben anstatt zu industriell gefertigten Süßigkeiten – und Kinder haben in der Regel noch keine Ahnung von Kohlenhydraten, Kalorien u.ä.

Aufmerksamkeit!

Also, warum essen Sie genau das, was Sie essen? Könnte man Sie um 3 Uhr nachts wecken und Sie wären dann in der Lage, diese Frage zu beantworten? Wie innig sind Sie mit Ihrer Ernährung? Das sollte aus meiner Sicht das Ziel sein: Sich aufmerksam mit der eigenen Nahrung auseinandersetzen, denn die Nahrung ist Ihr Leben. Und zuweilen spielt ja nicht nur die Nahrungsaufnahme als solche eine Rolle, sondern weitere psychische Aspekte (Nahrung als Ersatz für etwas) – auch dies sollte Raum bekommen.

Tschüß, Verbot!

Natürlich helfe ich immer wieder gern dabei, einen gesunden und genussvollen Weg durch den Ernährungsdschungel zu finden unter Berücksichtigung gegebener Einschränkungen – seien dies Allergien, Intoleranzen oder anderes. Es sollte in jedem Fall darum gehen, dass Sie sich mit der Art Ihrer Ernährung zu 100% wohlfühlen. Verbote sind Gift und führen nur dazu, dass wir noch mehr das Bedürfnis haben, das Verbotene zu konsumieren.

Letztendlich geht es auch im Bereich der Ernährung um das Verlassen der Starre – genauso wie auf körperlicher Ebene oder mit Blick auf Überzeugungen und Denkautomatismen. Lass die Starre los und vertrau dich beim Ernährungsaspekt im wahrsten Sinne des Wortes dem Probieren an. Mein Appell: Auf zum bewussten Essen und vor allem zum Spaß am Essen!