Der Selbstwert rückt in den Terminen in meiner Praxis – Therapie und Coaching gleichermaßen – immer wieder in den Mittelpunkt. Meist ist es ein geringer Selbstwert, der beklagt wird, oft werden Vergleiche mit anderen gezogen. Kennst du das Folgende von dir:
- Eigene Bedürfnisse werden zurückgestellt und nicht geäußert.
- Selbstaufgabe – im größeren oder kleineren Ausmaß – wird stattdessen gelebt.
- In Beziehungen (egal ob am Arbeitsplatz, in Freundschaften oder in Paarbeziehungen) sind Machtgefälle spürbar.
Falls du bei einem der Punkte genickt hast, hast auch du wohlmöglich ein Selbstwertthema. Die Lösung hat Murray Bowen mit einem nicht ganz leicht zu verstehenden Terminus belegt: Differenzierung des Selbst. Klingt komisch, oder? Aber ich versichere dir, dass die praktische Lösung dahinter wirkich simpel ist. Lass uns hier mal in Ruhe auf die zugehörigen Aspekte schauen.
Der Grundkonflikt, der am Selbstwert nagt
Es ist in jeder Beziehung so, dass wir Menschen mit einem Grundkonflikt zu kämpfen haben: Da ist zum einen der Wunsch nach Autonomie und zum anderen der Wunsch nach (Ver-) Bindung. Beruflich wie privat fordert uns diese Gratwanderung heraus. Wir wollen frei sein und zugleich Zugehörigkeit spüren. Letzteres ist sehr tief in uns verankert. Mal platt formuliert, sind wir Menschen auf „Horde“ programmiert. Wenn man ins menschliche Hirn schaut, findet man da sogar noch etwas sehr Relevantes: Das Bindungssystem ist mit dem Belohnungssystem gekoppelt. Bindung fühlt sich gut an und wirkt selbstverstärkend: Weil ich das gute Gefühl nicht verlieren will, gehe ich stärker in Bindung. Wenn da nicht der Drang nach Freiheit wäre… Du siehst: Einfach geht anders.
Das Idealziel lautet also: mit anderen in Kontakt zu bleiben, ohne sich selbst dabei zu verlieren und ohne von den eignen Impulsen beherrscht zu werden. Dabei spüre ich, wer ich bin und was ich will, was ich auch zeigen mag.
Das ist Selbstdifferenzierung oder wie mein Yogalehrer früher sagte: Das ist die Unterscheidungsfähigkeit. Diese Fähigkeit zeigt, wie sehr ich sehr in Kontakt treten kann, ohne mich dabei in Unwohlsein zu stürzen.
Stabilität finden aus dem eigenen Selbst heraus
Du kannst davon ausgehen, dass jeder Mensch in der Lage ist, sich selbst zu stabilisieren und in einer Situation passend zu reagieren. Stabilisierung und Reaktion fällt selbstverständlich von Mensch zu Mensch unterschiedlich aus. Es gibt nicht die EINE richtige Reaktion in einer Situation. Diese Fähigkeit zur Re-Stabilisierung (wenn der Selbstwert einmal wackelt) ist die wichtigste Komponente für das Gelingen zwischenmenschlicher Beziehungen. Wenn der Selbstwert eher auf wackeligen Beinen steht, ist es umso wahrscheinlicher und leichter durch etwas oder jemanden von außen verletzt zu werden. Und wenn ich als Betroffene(r) erst einmal in dieser selbstwertwackelige Schräglage angekommen bin, ist es umso wahrscheinlicher, dass ich in der Situation in eine angreiferische oder abblockende Reaktion gehe. Vielleicht ergreife ich sogar die Flucht. Selbstberuhigung in der anstrengenden Situation ist bei einem instabilen Selbstwert eher nicht das Mittel der Wahl.
Was an persönlichen Verletzungen echt blöd ist
Sobald wir eine Beziehung zu einem anderen Menschen herstellen, ist es recht wahrscheinlich, dass du verletzt wirst bzw. du dein Gegenüber verletzt. Warum? Weil jeder Mensch auf seine ureigene Weise die Welt sieht und sehr wahrscheinlich irgendwann unterschiedliche Bedürfnisse in der Beziehung Raum finden wollen: Der Stress klopft an die Beziehungstür – und das gilt im besonderen Maße für denjenigen, der sich im Miteinander unterlegen oder untergeordnet fühlt. Achtung, bitte beachte, dass es hier um die subjektive Empfindung geht, die im Beruflichen evtl. durch die faktischen Hierarchien gefördert wird.
Je mehr ich in der Lage bin, mich selbst zu differenzieren im Sinne eines „ich bin okay – du bist okay“, desto besser klappt die Selbstberuhigung. Diese funktioniert auch umso besser, je mehr ich Mitgefühl mit mir selbt habe. Mitgefühl für andere, das wir gern auch mit Mitleid verwechseln, kriegen wir in der Regel recht gut hin. Aber wie sehr kannst du dich selbst so annehmen, wie du bist – mit all deinen menschlichen Schwachstellen? Durch eine solide Selbstberuhigung versetze ich mich selbst in die Lage, meine Gefühle und Gedanken der Umwelt zu offenbaren – wohl wissend, dass mein Gegenüber vielleicht ganz anderer Meinung ist und meine Gedanken, Ideen oder Gefühle zurückweist. die berüchtigte „hidden agenda“ am Arbeitsplatz oder jeglicher Hintergedanke ist dann nicht relevant.
Du bist okay.
Aus diesem stabilen maximal selbstberuhigten Sein kann eine funktionierende Allianz zwischen zwei Menschen entstehen mit dem Grundtenor „Du bist okay“. Falls es zu einer Uneinigkeit kommt, verändert sich der Grundtenor in ein „Du bist immer noch okay und wir haben hier eine Störung – wie lösen wir die zusammen?“ Aus diesem Miteinander entsteht im Konfliktfall wegen Angriff noch Kleinkrieg.
Die Fähigkeit sich selbst zu beruhigen und die eigenen Impulse zu kontrollieren, ist etwas Erlerntes, das in einem bestimmten Bereich des Gehirns angesiedelt ist.
Training ist der Schlüssel zu den Fähigkeiten. Niemand, wirklich niemand, ist damit vom Himmel gefallen. Und heute sind die Trainingsmethoden nicht unbekannt. Wie ein zartes Pflänzchen wollen diese Fähigkeiten wachsen.
Für mehr Selbstwert: Selbstentspannung, Selbstberuhigung, Achtsamkeitsschulung…
… sind die Methoden und als Werkzeuge kommen zum Beispiel progressive Muskelentspannung, Yoga, Selbsthypnose und jede weitere Achtsamkeitsübung in Frage. Hier kann jeder nach seinen Vorlieben das geeignete Tool finden. Dein Ziel sollte es sein, die Meisterschaft in der gewählten Übung zu erlangen – und zwar bitte nicht im äußeren Vergleich mit anderen. Es geht nicht darum der oder die Beste zu sein oder als Sieger aus etwas hervorzugehen. Vielmehr geht es um das meisterliche Einswerden mit der Übung.
Dies begünstigt ein immer stärkeres Gefühl von „bei sich sein“ und „zu sich stehen“, sodass ich in der Lage bin mit einem gefestigten „Ich-Gefühl“ in Beziehung zu treten. Es entwickelt sich immer mehr eine Art Selbstgewissheit: Du spürst, dass da ein unverrückbarer Wesenskern in dir ist, der immer da ist und dich von innen heraus stabilisiert. Vielleicht gelangst bei der ersten Begegnung nur für eine Sekunde zu diesem Kern. Auch das entwickelt sich.
Irgendwann ist so auch nicht mehr das begrenzende „Nein“ wichtig, um sich selbst von anderen abzugrenzen. An die Stelle des „Nein“ rückt ein „Ja“, das im eigenen Inneren wie im Außen dem anderem signalisiert, dass man in aller Individualität bereit ist für eine gemeinsame Sache. Und bedenke immer wieder: Es geht hierbei um jede Art der Beziehung.
Fazit
Der Weg zu mehr Selbstwert führt über die klassischen Methoden der aktiven Entspannung und der Achtsamkeit. Wir tun uns gern schwer mit dem Gedanken, dass es einfach sein kann. Doch genau das ist es: Diese simplen Werkzeuge sind der Schlüssel für eine Einsichtserfahrung, die dich von innen her trägt. Alle Newsletter-Abonnenten erhalten an dieser Stelle den Link zu einer Seite mit weiteren Übungsimpulsen. Du willst auch regelmäßig hilfreiche Impulse und ab und zu Übungen bekommen? Dann trag dich gern für den Newsletter ein!
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