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„Check-in – Check-out“ oder:

Tickst du wie ein Lachs, der sich verrennt?

Wer kennt sie heutzutage nicht, die Begriffe: „Check-in“ – sich anmelden, ankommen. „Check-out“ – sich abmelden, etwas verlassen. Wir kennen diese international gängigen Worte vom Fliegen, vom Übernachten in Hotels etc. Das sind nicht unbedingt Tätigkeiten, die der Durchschnittsmensch täglich erlebt.

Und trotzdem checkst du täglich ein und aus. Ist dir bewusst, dass du auch in Situationen ankommst und sie irgendwann wieder verlässt, weil sie beendet sind? Du verlässt eine Situation vollständig, um in der nächsten genauso vollständig anzukommen. Das ist der idealtypische Vorgang – das eine wirklich verlassen, um im anderen auch vollkommen ankommen zu können. Hand auf´s Herz: Klappt das immer so bei dir?

Wie die Lachse sich verrennen

Gerald Hüther hat vor ein paar Jahren in einem Vortrag im Rahmen des Achtsamkeitskongresses in Berlin vom Leben der Lachse erzählt. Weißt du, wie das klassische Lachs-Leben verläuft? Diese Fische leben im Meer und kehren zur Paarung in den Fluss zurück, in dem sie geboren wurden. Wenige Zeit später sterben sie.

Hüther beschreibt eindrucksvoll, wie die Lachse unter den fixen Vorstellungen „leiden“:

  • „Ich muss in den Fluss zurück, in dem ich geboren wurde.“
  • Ich muss mich dort verpaaren.“

Die Lachse sind eins mit diesen beiden To Do´s, sie gehen voll und ganz darin auf.

Blind rennen …. ähm… schwimmen sie diesen Zielen hinterher. Es geht den Lachsen um´s Abarbeiten, Abarbeiten und nochmal Abarbeiten. Und wenn sie dann endlich damit fertig sind, gehen ihnen quasi die Augen auf:

Flaches Flusswasser. Nichts zu fressen. Fürchterliche Enge, weil überall Lachse sind. DAS ist selbst dem dicksten Lachs zuviel! Der Lachs stirbt aufgrund von Stress. Das Dilemma dieses Fisches ist eine Parabel für die heutige Zeit. Ständig rennen wir irgendwas im Außen hinterher. Und da die Geschwindigkeit im Außen immer mehr Fahrt aufnimmt, werden wir auch immer schneller. Wer kann heute noch behaupten, dass er in der für ihn passenden Geschwindigkeit lebt? Wir sind getrieben von Schnelligkeit zu Ungunsten des eigenen Rhythmus`. Dass die Geschwindigkeit zu hoch ist, merkt man evtl., wenn man sehr viel auf Reisen ist – egal, ob es viele kleinere Reisen hintereinander sind oder ob es eine lange Reise über mehrere Zeitzonen ist. Bin ich wirklich da, wenn ich rein physisch angekommen bin? Es soll nicht darum gehen, gegen etwas zu steuern, sondern vielmehr darum, sich (endlich wieder oder erstmals) gut um sich zu kümmern. Ganz egal ob wir reisen oder nicht: Wir wechseln immer im Leben von Situation zu Situation. Es ist wertvoll, sich dessen bewusst zu werden. Und: Wir sind mehr als ein Lachs. Ich hoffe, du stimmst mir zu. Wir sind in der Lage unser Handeln zu betrachten und zu verändern.

Check-in – Check-out

Und hier kommt „Check-in – Check-out“ ins Spiel: Wann immer ich eine Situation beenden will, mache ich mir dies bewusst. Ich checke quasi in das Ende der Situation ein und spüre, was jetzt ist, wie es mir geht, was ich jetzt brauche. Habe ich alles, was ich brauche? Brauche ich eine Pause? Wie sollte die Pause aussehen sein? Genau das Erspürte sollte sodann umgesetzt werden, um einen guten Check-out aus eben jener Situation hinzubekommen und diese wirklich zu verabschieden. Dieses Verhalten kann übrigens dazu beitragen, dass wir weniger zu Kaffee und Schokoriegel am Nachmittag greifen. Denn diese Hilfsmittelchen sollen in der Regel etwas überdecken oder für einen Energieschub sorgen, sodass wir weiter funktionieren und die Geschwindigkeit aufrecht erhalten.

Das eigentliche Bedürfnis wird verdeckt und nicht befriedigt. Leider kann aber kein Mensch seine Bedürfnisse für blöd verkaufen. Schokoriegel, Kaffee & Co. ist in der Regel nicht das, was die Bedürfnisse fordern. Die drängen dafür umso deutlicher, je weniger sie Beachtung finden. Also, check-in to check-out, sodass du ganz mit dir und bei dir bist, eine für dich passende Geschwindigkeit (wieder-) entdeckst und dich nicht wie ein Lachs verrennst. Und ja: Dieses Tempo ist vielleicht langsamer als dass von Außen geforderte. Das kann sein. ABER: Die langsamere Geschwindigkeit ist wohlmöglich die, die dir mehr Lebensqualität beschert. Du spürst es, wenn du das ausprobierst.