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Jetzt liegt mein letzter Achtsamkeitsworkshop schon einige Tage zurück und ich frage mich, ob alle Teilnehmer einen Weg für sich gefunden haben, dabei zu bleiben. Denn machen wir uns nichts vor: Sich für 3 Stunden in einen abwechslungsreichen Workshop zu setzen, ist das eine.

Etwas ganz anderes ist es, wenn man danach weitermachen will: alleine und so ganz ohne Anleitung. 

Jeder Teilnehmer hat im Workshop das Glück sich zurücklehnen zu können und sich passiv leiten zu lassen. Daheim oder wo auch immer die Einzelne, der Einzelne üben will, ist nun nach dem Workshop Aktivität gefragt.

Also, wie schaffe ich es, nach einem Workshop, nach dem Lesen eines Ratgeberbuches etc. am Ball zu bleiben? Und im Grunde ist es völlig egal, ob es um Achtsamkeit oder irgend etwas anderes geht. Um es nicht zu kompliziert zu machen, bleibe ich hier im Folgenden einfach mal bei der Achtsamkeit.

Aus meiner Sicht ist der erste, wichtige Schritt der, sofort weiter zu machen. Leg gleich am nächsten Tag los. Lass nicht Tage oder gar Wochen verstreichen. Lass dich statt dessen von der Energie des Workshops mitreißen und fang an. Ich halte nicht viel von der Aussage, dass man spätestens nach 72 Stunden gestartet sein muss, andernfalls klappt es mit der Regelmäßigkeit nicht. Beiß dich nicht an dieser Zahl fest. Je früher du beginnst, umso besser!

Zuviel des Guten?

Wenn du selbst aktiv wirst, dann mach bitte nicht den Fehler, und häng die Messlatte zu hoch! Es sollte nicht darum gehen, dass du nun ganz, ganz viel übst. Morgens dies, mittags jenes und abends noch eine weitere Übung oben drauf. Und am nächsten Tag suchst du dir wohlmöglich ganz andere Übungen aus. Das wäre kein guter Übungsweg. Halte statt dessen die Messlatte niedrig. So niedrig, wie es geht.

Weißt du, wenn du zum Beispiel das Schuhe putzen nicht magst, weil es dir keinen Spaß bringt (unter uns: Wem bringt denn Schuhe putzen Spaß…), dann nimm dir vor, nur die Schuhspitzen deiner Schuhe zu putzen. Das ist das Ziel. Nur die Schuhspitzen. Mehr muss nicht sein. Wenn du eine sehr lange Hose trägst sieht man ja vielleicht auch nur die Schuhspitzen. Aber dann bist du am Putzen und wirst sehr wahrscheinlich denken: Okay, wenn ich schon dabei bin, dann mach ich doch noch ein bisschen mehr.

Routine finden in der Achtsamkeit: Such dir ganz kleine Ziele!

Jetzt hab ich schon das ganze Schuhputzzeug ausgepackt, da kann ich auch beide Schuhe komplett putzen.

Genauso wird es dir mit den Achtsamkeitsübungen gehen. Wenn du dir vornimmst, jeden Tag für eine Minute deinen Atem zu beobachten, dann bist du wahrscheinlich – und zu recht – stolz, wenn du diese Minute absolviert hast, und du sagst dir begeistert: Ach komm, machen wir noch eine Minute.

Anfängergeist

Mein nächster Tipp für dein Üben: Bleib bei ein und derselben Übung mindestens einen Monat lang. Spring nicht hin und her zwischen verschiedenen Übungen. Dein Gesamtsystem kann erst Gewohnheitsmuster anlegen, wenn es Wiederholung um Wiederholung erlebt. Ich weiß, dein Verstand fordert Ablenkung und Abwechslung. Aber dein Verstand zählt hier nicht. Statt dessen lass dich täglich von Neuem auf dieselbe Übung ein, ganz neugierig und unvoreingenommen, als wenn du die Übung zum ersten Mal im Leben machst. Bitte vergiss nicht: Jeder Moment ist einzigartig. Du machst tatsächlich jede Übung zum ersten Mal. Sei dir dessen bewusst.

Routine in der Achtsamkeit aufbauen…

Rituale oder Routinen helfen, am Ball zu bleiben. Immer wieder erfahre ich in meinen Einzelsitzungen, dass die Übenden nicht so schnell aufgeben, wenn sie zu einer festgelegten Uhrzeit ihr Übung machen. Schichtdienst kann einem da durchaus das Leben schwer machen. In diesem Fall würde ich schauen, ob es evtl. doch eine bestimmte Uhrzeit geben könnte. Im Sinne eines „Wenn ich Frühdienst habe, übe ich um x Uhr… und wenn ich Spätdienst habe, übe ich um y Uhr…“ Bleiben wir aber jetzt bei denen, die nicht vom Schichtdienst betroffen sind: Hier hast du die freie Wahl: Bist du ein Morgenmensch? Dann schau doch mal, ob es realisierbar ist, den Wecker 5 Minuten früher zu stellen. So gewinnst du Übungszeit!

Oder vielleicht hast du morgens eh genügend Zeit. Dann denke darüber nach, wie du deine Prioritäten setzt. Menschen, die morgens in Eile und abends zu erschöpft sind, könnten mal schauen, ob evtl. die Mittagspause ein guter Zeitpunkt ist. Und diejenigen unter uns, die abends noch richtig fit sind, wollen vielleicht am Tagesende ins Üben gehen. Meiner Erfahrung nach mögen die meisten Menschen das morgendliche Üben, da wir zu der Zeit noch so unverbraucht sind und kein Alltagstrubel unseren Verstand in Beschlag genommen hat.

Routine finden in der Achtsamkeit: Such dir Hilfsmittel!

Routine in der Achtsamkeit ausweiten

Du kannst übrigens noch mehr diese Routine stärken, indem du nicht nur immer zur selben Zeit übst, sondern vielleicht immer dieselbe Kleidung dabei trägst oder immer am selben Platz sitzt/liegst, immer auf demselben Kissen, immer wenn diese Kerze leuchtet, immer wenn du einen bestimmten Stein vor dir hingelegt hast etc.

Damit verstärkst du die Routine.

Je mehr Routine entsteht,…

… desto stärker ist die Gewohnheit! Ich verspreche dir, es wird der Moment kommen, wo es eine Selbstverständlichkeit für dich ist, deine Übung zu machen – so wie es wahrscheinlich für dich selbstverständlich ist Zähne zu putzen oder Socken anzuziehen.

Rote Ampeln setzen

Etwas anders verhält es sich mit der Alltagsachtsamkeit. Dafür nimmst du dir ja nicht extra Zeit, vielmehr ist es das Ziel, eine typische Alltagshandlung immer wieder achtsam auszuführen. Die Handlung an sich passiert also sowieso, nur die Art des Handels soll sich verändern. In diesem Fall kann es nützlich sein, eine sogenannte „rote Ampel“ zu setzen, um sich selbst daran zu erinnern anders – nämlich achtsam – zu handeln.

Routine finden in der Achtsamkeit: Wie rote Ampeln helfen können

Wenn du planst, jeden Abend achtsam den Abwasch zu machen (Ja, lass mal den Geschirrspüler ausgeschaltet!), dann häng dir eine Erinnerung an den Wasserhahn. Dasselbe kannst du machen, wenn du achtsam morgens Zähne putzen willst. Darüber hinaus kannst du einen kleinen Gegenstand nutzen, dich zu erinnern: Einen Kieselstein, eine Muschel, eine Kastanie. Mach doch einen Spaziergang und nimm dir vor, einen kleinen Gegenstand in der Natur zu finden, der ab sofort dein Erinnerungsobjekt für deine achtsame Handlung werden soll. Wähle ihn so klein, dass es dir problemlos möglich ist, das Objekt immer bei dir zu haben.

Weitere rote Ampeln für noch mehr Routine in der Achtsamkeit

Rote Ampel helfen nicht nur bei der Alltagsachtsamkeit, sondern können auch bei den formellen Übungen nützlich sein. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt: Binde dir ein Gummiband um das Handgelenk, kauf dir einen Ring oder Armreif, leg dir eine Münze in den Schuh. Das sind alles Möglichkeiten, Erinnerungen zu setzen. Du kannst auch mit Klebepunkten arbeiten: Kleb dir einen bunten Punkt an deinen Monitor oder an das Lenkrad im Auto. Schließlich nutz auch gern die moderne Technik! Fast jeder hat heutzutage ein Smartphone. Leg dir einen Termin an, der dich per akustischem Signal daran erinnert, deine Übung zu machen.

Bestehendes Ritual erweitern

Mein abschließender Tipp: Schau doch mal, ob du bereits eine Routine, ein Ritual in deinem Leben hast, die bzw. das du erweitern kannst. Wenn du zum Beispiel jeden Morgen ein paar Stretching-Übungen machst, dann könntest du eine Atem-Achtsamkeitsübung daran anschließend üben. Du erweiterst eine bestehende Routine. Auch dieser Schritt könnte helfen, am Ball zu bleiben bzw. ins Üben zu kommen.

Die innere Haltung

Neben den Routinen und Ritualen spielt auch die innere Haltung eine wichtige Rolle. Dazu habe ich hier etwas geschrieben.

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Hast du weitere Ideen für Rituale?

Hast du für dich weitere Tricks entwickelt? Lass es mich wissen! Ich sammle alle Tricks und Tipps, um sie gern in einem weiteren Blogbeitrag zu veröffentlichen.