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Wenn du Stressauswirkungen abmildern willst, dann solltest du wissen, wie das Stresshormon Oxytocin wirkt

Du hast Stress? Wenn du einen einfachen Trick kennen willst, um nachweislich den gefühlten Stresspegel zu senken und die Stressauswirkungen abzumildern, dann lies unbedingt weiter.

Es gibt nämlich einen Aspekt in Sachen Stressbewältigung, der bisher wenig Beachtung fand. Tatsache ist: Das  Stresshormon Oxytocin hat dabei die Fäden in der Hand. Sei gespannt – es wird erstaunlich!

Wie das Stresshormon Oxytocin seine Arbeit macht

Oxytocin wurde bereits in der Vergangenheit sehr gehyped und hat sogar einen Kosenamen bekommen – es wird als „Kuschelhormon“ bezeichnet. Warum? Das Hormon wird ausgeschüttet, wenn wir zum Beispiel jemanden innig umarmen. Aber das ist nur eine Wirkweise von vielen.

Oxytocin ist ein Neuro-Hormon. Wenn du so willst, sorgt es für ein Finetuning im Gehirn, genauer: Es dreht sich alles um die sozialen Instinkte. Das Hormon fördert die Ausgestaltung enger Bindungen zu anderen. Oxytocin

  • ruft das Bedürfnis hervor, Berührung zu spüren,
  • es verbessert deine Empathie,
  • es steigert deine Hilfsbereitschaft für Menschen, die dir wichtig sind.

Einige Forschende fordern, dass wir Oxytocin schnupfen sollten, damit die Menschheit insgesamt mitfühlender wird. Und ich muss sagen, in diesen Zeiten ist das gar keine so schlechte Idee. Doch darum soll es hier nicht gehen.

Oxytocin – ein Stresshormon?

Kuschelhormon, schön und gut. Aber was die meisten nicht wissen: Oxytocin ist ein Stresshormon. Deine Hirnanhangdrüse stößt das Hormon dem Rahmen der körperlichen Stressreaktion aus – genauso wie Adrenalin, das für den gesteigerten Herzschlag sorgt. Oxytocin motiviert im Rahmen der Stressreaktion, nach Unterstützung zu schauen. Die biologische Stressreaktion stubst dich geradezu an, dir Hilfe zu suchen und/oder einem anderen zu erzählen, wie es dir geht, anstatt es herunterzuspielen. Kennen du das?

Wenn jemand eine Reise tut und das Stresshormon zuschlägt

Ich kann gern ein kleines Beispiel aus dem eigenen Erleben dazu beitragen: Ich glaube, es war meine vorletzte Bahnreise von Bad Kissingen nach Neumünster. Auf dem Bahnhof Würzburg bekam ich einen Verspätungsalarm auf mein Handy geschickt und es war sogar mehr als nur ein Verspätungsalarm. Die Nachricht lautete: „ICE 880 nach Altona entfällt.“ Zeitgleich erschien dieselbe Information auf der Anzeige am Bahnsteig. Das schien also kein Fehler zu sein. Weitere Informationen: Pustekuchen!

Interessant war es zu beobachten, wie die Unruhe auf dem Bahnsteig stieg – und wie Menschen, die zuvor stumm gewartet haben, in Kontakt traten zu anderen Wartenden, wie sich Gruppen bildeten, wie einzelne Vertreter der Gruppen „entsandt“ wurden, um Bahnpersonal zu befragen usw. Exakt dies ist die zuvor beschriebene Reaktion. Die Wartenden hatten Stress, das Oxytocin motivierte die Menschen, in Kontakt zu treten und Hilfe zu suchen. Erst kurz vor dem Eintreffen des Ersatzzuges lösten sich diese Beziehungsgeflechte wieder auf – der Stress war vorbei und jeder stand wieder stumm wartend bei seinem Koffer.

Wenn das Leben schwierig ist, will deine Stressantwort also, dass du dir Hilfe suchst und umgeben bist von Menschen, die sich kümmern.

 

Stresshormon Oxytocin: Hektik am Bahnsteig kann durch das Hormon gemildert werden

Mehr Lebensqualität und Gesundheit durch das Stresshormon Oxytocin

Oxytocin wirkt nicht nur auf Hirnebene, sondern auch körperlich. Eine der wichtigsten Funktionen auf körperlicher Ebene ist der Schutz des Herz-Kreislauf-Systems vor stressbedingten Störungen. Das Hormon ist ein natürlicher Entzündungshemmer und es trägt dazu bei, dass die Gefäße sich nicht übermäßig verengen im Zuge der Stressreaktion. Der spannendste Anti-Stress-Effekt von Oxytocin vollzieht sich im Herzen:

Das Herz hat Hormonandockstellen – Oxytocin-Rezeptoren. Das Hormon hilft, Herzzellen zu regenerieren, zum Beispiel nach stressbedingten Schädigungen. Dieses Stresshormon stärkt also dein Herz. Und das Geniale ist, dass all diese physischen Wirkungen sich verstärken durch soziale Kontakte und zwischenmenschliches Miteinander. Wenn du dich nach Hilfe von anderen sehnst im Stress, wird automatisch mehr Oxytocin ausgeschüttet. Die Stressreaktion wird insgesamt gesünder und du erholst dich schneller, wenn du deinem stressbedingten Kontaktbedürfnis nachgehst.

Ist es nicht faszinierend, dass deine persönliche Stressreaktion einen Mechanismus enthält zur Förderung der inneren Widerstandskraft? Und dieser Mechanismus ist nichts anderes als simpler zwischenmenschlicher Kontakt. Das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen. Ich denke, ich muss nicht erwähnen, dass mit Kontakt nicht die berühmten 500 Facebook-Freunde gemeint sind, die man nie in der Realität getroffen hat. Es geht um echten Kontakt, warmes und wertschätzendes Miteinander, ernst gemeintes Kümmern.

Die Wissenschaft hat festgestellt…

Ich möchte dazu noch eine ganz spannende Langzeitstudie anführen: teilgenommen haben 1000 Personen im Alter von 34-93 Jahre (Poulin, Brown, Dillard & Smith, University of Buffalo, NY, Department of Psychology, 2013). Die Probanden wurden zuerst gefragt: „Wie viel Stress haben Sie letztes Jahr erlebt?“ Danach wurde gefragt, wie viel Zeit die Probanden damit zugebracht haben, Freunden, Nachbarn oder einfach irgendwelchen Menschen in den unterschiedlichen Lebensräumen zu helfen. Und dann wurde beobachtet, wer innerhalb der folgenden fünf Jahren verstarb.

Die schlechte Nachricht zuerst: Bei jeder stressigen Lebenssituation – Familienkrise, finanziellen Notlage, Verlust des Arbeitsplatzes usw. – stieg das Sterberisiko grundsätzlich um 30 %.

ABER…

… das galt nicht für jeden. Die Probanden, die Zeit damit verbracht haben, sich um andere zu kümmern und sich selbst Hilfe zu suchen bei Bedarf, die gewohnheitsmäßig dies immer wieder taten, zeigten kein – gar kein! – erhöhtes stressbedingtes Sterberisiko.

Sich kümmern und in Kontakt sein bewirkt Resilienz und damit Gesundheit. Ist es nicht schön? Es ist so simpel.

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